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LAMBERT ist heutzutage ein rätselhafter Star der neoklassizistischen Szene Europas, der eine schelmische Mystik aufrechterhält, seit er seinen Vornamen in Vergessenheit geraten ließ und 2014 eine gehörnte sardische Maske aufsetzte. Vor seinem gegenwärtigen, seltsamen Ruhm war er jedoch ein schneidiger melodischer Improvisator in der Tradition von Bill Evans, ein Jazzer durch und durch. Bei seinen aktuelleren Auftritten als Lambert, bei denen vor allem Melodie und Minimalismus sein Klavierstil prägten, wird das aufmerksame Publikum die Geister dieses alten Lebens in Passagen sicher ebenfalls erkannt haben. Der Jazzmusiker in ihm war ansonsten tief begraben.
Mit seinem Album „All This Time“, ist Lamberts musikalische Maske abgenommen – die Improvisation unverschämt, die freilaufenden Melodien entfesselt. Zusammen mit dem Bassisten Felix Weigt und dem Schlagzeuger Luca Marini mischt das Trio Jazz, moderne Klassik und elektronische Elemente und findet einen zeitgenössischen Sound, der an Bands wie EST, Gogo Penguin und Portico Quartet erinnert. Während sein zart bluesiges Klavier durch \“Cry Me A River\“ rollt und in seine rauchige Stimmung eintaucht, während elektronische Washes schimmern, und auf dem Titeltrack \“All This Time\“, einer bewegenden Klanglandschaft, die einen zarten, nachdenklichen Touch demonstriert, spielt Lambert im virtuellen Jazzclub seiner Träume.
Diese neue Kreation, die Rock- und Popvorstellungen von Alter Egos und Mysterien in neoklassische Konzertsäle brachte, war ein sofortiger Erfolg. Lambert ließ den Jungen, der vom Jazz verletzt worden war, zu einem neuen Menschen werden. „Als ich anfing, Lambert zu sein, war mir mein Jazzhintergrund peinlich“, sagt er. „Das erste Album, Lambert [2014], wurde in der neoklassischen Welt beworben, ich habe einen eher klassischen Touch verwendet und wurde großartig aufgenommen. Ich habe geheim gehalten, dass ich mich immer noch als Jazzmusiker identifiziere.“
Unter der Maske könnte Lambert jedoch jeder sein. Befreit begann er sich zwischen den Welten zu bewegen. \“False\“ (2020) und die Stimming x Lambert-Kollaboration \“Positive\“ (2021), die Improvisation mit elektronischer Produktion kombinierten, ließen immer größere Hinweise auf seine geheime musikalische Identität fallen. \“Und jetzt\“, sagt er, \“fühle ich mich frei, ein Album zu machen, das tatsächlich nach Jazz klingt.\“
Lambert widmete sein frühes Leben dem Jazz, folgte pflichtbewusst den Pfaden anderer Leute und fand nur Straßensperren und Regeln, die ihm sagten, dass er falsch lag. Der maskierte Lambert baute seinen eigenen Weg, den er nach Belieben gehen konnte. Und jetzt ist er hier, ein Jazzmusiker.
\“Ich habe einen langen Weg gebraucht, um hierher zu kommen\“, stimmt er zu. \“Und wenn ich mit diesem Album auf Tour gehe, werde ich eine klassische Jazzband mit Schlagzeug und Kontrabass haben. Sobald die Leute das sehen, wird klar, was ich tue.\“ Das ersehnte romantische Jazz-Ideal, die geheime Welt des Wissens, der Kreativität und ein Trio im Stil von Bill Evans – Lambert lebt endlich alles.
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{„de“:“Welche Herausforderung stellt sich einer Band, wenn sie ihr (je nach Zählweise) fünftes bis achtes Album in sieben Jahren veröffentlicht? Die ziemlich schnell vom Geheimtipp zur festen Größe in der Indierepublik geworden ist? Deren Liveshows längst auf jede ernstzunehmende „100 things to see before you die“-Liste gehören? Die die fucking Kölner Philharmonie ausverkauft und dort ihren Fans ein emotionales Erntedankfest zum Niewiedervergessen bereitet?
FORTUNA EHRENFELD haben ihren Sound, ihre Idee, ihren Blick aufs Leben und die Kunst gefunden, der neben dem Großen, Ganzen und Emotionalen gerne auch dem Sonderbaren, Banalen und manchmal auch dem bloßen Quatsch Beachtung schenkt. Die Herausforderung ist nun, sich nicht einrichten in der gemütlichen Wohnung mit dem Plüsch an der Wand und dem Stroboskop in der Ecke, sondern den Umzugswagen mit laufendem Motor vorm Haus zu parken.
Hier auf dem Album, dessen Cover nicht umsonst eine Discokugel ziert, verströmen die tanzbaren Songs ein unaufhaltbares Sprungbrett-Gefühl. Doch vor die Eskalation haben die Götter die Melancholie gesetzt, und auch in diesem Feld beweisen Fortuna Ehrenfeld einmal mehr ihre Einzigartigkeit.
Nach zwölf Songs und unzähligen Momenten, in denen die Emotionen hoch- und wieder tiefgestapelt werden zwischen Flüsterkneipe und Rave, zwischen Tom Waits und Fatboy Slim, zwischen NDW und Bossa Nova, kann man mal wieder nur den Hut ziehen vor dieser Band. Die biegen wirklich immer richtig ab auf dem mitunter schmalen Grat der Kreativität: Intelligent, aber nicht überfordernd. Bunt, aber nicht überfrachtet. Vielseitig, aber nicht wahllos. Ernst, aber nicht angestrengt. Verspielt, aber nicht verloren. So geht Popmusik, die Spaß, Anspruch und Haltung verbindet und es schafft, aus nahezu jedem Moment einen besonderen zu machen. Wie Fortuna Ehrenfeld das immer wieder hinkriegen? Keine Ahnung, ey. Das Geheimnis kennt wohl nur das Glitzerschwein.
Ingo Neumayer
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