Junge, ungeklonte Pianisten sind eine Rarität. Carsten Daerr leidet nicht an Jazz-Akademik. Der Berliner konzentriert sich vielmehr darauf, kreative Eigenheiten zu entwickeln und das Zusammenspiel mit seinen jeweiligen Mitspielern zu kultivieren. So ist denn auch Daerrs aktuelle CD »PurpleCoolCarSleep« ein erfreulich unabhängiges Klaviertrio-Album geworden, stellenweise an Brad Mehldau erinnernd mit einer Prise Jason Moran, aber auch ansonsten konsequent modern. Was dieser Pianist zustande bringt, ist erfrischend: Es geht wieder einmal um die Verbindung aus europäischer Konzertmusik und Jazz. Daerr ist geübt in den Kompositionstechniken der Neuen Musik und er liebt Postbop-Powerplay mit krachenden Akkorden in der Linken und ordentlich Getöse vom Schlagzeug. Und das wird diesmal souverän und ausgeflippt von Christian Lillinger bedient, dem vielleicht größten Drum-Talent Deutschlands der letzten Jahre.
Lillinger zeigte immer wieder in seinen Konzerten, dass in Amerika der Jazz zwar »erfunden« wurde, dass aber heutzutage die Jazzpost längst woanders abgeht – nämlich wesentlich auch in Europa und zur Zeit ganz besonders in Berlin. Wer den jungen Trommel-Gott hört (Schlagzeuger Lillinger war bis vor kurzem Schüler von Baby Sommer und lebt jetzt überwiegend in Deutschlands Hauptstadt), weiß, wovon die Rede ist. Eine unglaublich intensive Spannung, erzeugt durch Lillingers polyrhythmisches und polymotivisches Schlagzeugspiel und durch das exzessive Bassspiel von Johannes Fink, der längst zu den Free-Bass-Stars Deutschlands zu zählen ist, prägt die Musik dieser Band entscheidend. Und wenn dann noch Saxofonist Phillipp Gropper – einer der »röhrenden Hexenmeister« und im Jazzclub Neue Tonne bereits mit Maluschke bekannt geworden – ins Horn bläst, brennt die Luft. Wer so souverän in die Szene einsteigt, hat Zukunft.
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