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KOMEDA RELOADED

Faszinierende Interpretationen – faszinierende Kompositionen
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Samstag
19. Mai 2007
21:00 Uhr
Im Programm des Jazzwelten-Festivals 2006 leitete der polnische Startrompeter Tomas Stanko einen Workshop mit dem Studenten-Jazzensemble der Dresdner Musikhochschule. Gefeilt wurde dabei an verschiedenen Kompositionen des am 23. April 1969 verstorbenen polnischen Jazzkomponisten und -pianisten Krzysztof Komeda. In einem viel umjubelten Festivalkonzert am 17. März 2006 stellten die Studenten die künstlerischen Ergebnisse ihres Stanko-Workshops vor. Der Jazzclub Neue Tonne Dresden ermunterte die jungen Musiker danach, am Komeda-Programm weiter zu arbeiten und es als reguläres künstlerisches Projekt weiter zu betreiben – nun bringen die Jungs »ihren« Komeda nochmals zu Gehör. Zu Komeda: Am 27. April 1931 wurde der Komponist, Jazzpianist und Schöpfer berühmter Filmmusiken Krzysztof Trzcinski, der sich als junger Erwachsener in Krzysztof Komeda umbenannte, in Poznan geboren. Seine Musik zu Streifen von Roman Polanski (»Messer im Wasser«, »Rosemary's Baby«, »Cul-de-Sac« – deutscher Titel »Wenn Katelbach kommt« – und »Tanz der Vampire«) machte ihn alsbald weit über den Kreis von Jazzfreunden bekannt. Sein musikalisches Markenzeichen: melancholisch wirkende, sehr melodiöse Motive, die den Filmen ein ganz spezifisches Flair verleihen. Bereits als Kind bekommt der spätere Künstler von Weltgeltung Klavierunterricht, später wird er Schüler am Konservatorium in Poznan. Nach der Unterbrechung durch den Krieg entscheidet er sich für das Medizinstudium. Als Student knüpft er Kontakte mit der Krakauer Untergrund-Jazz-Szene. Man trifft sich in Privatwohnungen oder Nachtclubs. Sein Interesse für Unterhaltungsmusik und Tanzmusik wandelt sich über Bebop und Dixieland zu modernen Jazzformen. Den ersten nationalen Erfolg feiert Komeda-Trzcinski im August 1956 auf dem I. Jazz-Festival in Sopot mit dem Komeda-Sextett. Der Hals-Nasen-Ohr-Arzt verwendet seitdem das Pseudonym Komeda, um vor den Ärztekollegen seine Leidenschaft für eine Musikrichtung zu verbergen, der man im damaligen Polen noch mit Misstrauen begegnet. Inhaltlich gilt das Repertoire des Komeda-Sextetts als Synthese der Musik damals führenden Jazz-Gruppen wie dem Gerry Mulligan Quartet und dem Modern Jazz Quartet und einer slawisch-nordeuropäischen Melancholie. In den Jahren 1956-1962 folgen weitere Festivals im In- und Ausland (Moskau, Grenoble, Paris), Komeda beginnt, Filmmusik zu komponieren – bis zu seinem Tod schreibt er Musik zu 65 Filmen. Für die Musik zu »Rosemary's Baby« erhielt Komeda 1969 eine Golden Globe Nominierung für die beste Musik. Auf dem Jazz Jamboree 1962 stellt Komeda seine Ballet-Études vor. Sie werden in der Heimat des Musikers kühl aufgenommen, aber sie ebnen ihm den Weg zu einer europaweiten Karriere. Komeda gastiert in den Konzerthallen in Stockholm und Kopenhagen, auf Jazz-Festivals in Prag, Bled, geht auf Tournee nach Bulgarien sowie in beiden deutschen Staaten. Komedas Jazzband war so etwas wie die Wiege eines typisch europäischen Jazz, sowohl rein künstlerisch als auch personell gesehen. Musiker, die längst europa- und gar weltweite Bedeutung erlangten, waren Mitte der sechziger Jahre Mitglied in Komeda-Ensembles: Michal Urbaniak (zunächst als Saxofonist, dann als Geiger), Zbigniew Namyslowski und vor allem Tomasz Stanko. Nach dem beinahe einjährigen Aufenthalt in den USA, wo Komeda für Roman Polañski an der Musik zu »Rosemary's Baby« arbeitete, verunglückte der polnische Jazz- und Komponisten-Star bei einem Autounfall in Los Angeles. An den Folgen der schweren Kopfverletzungen, die er sich dabei zuzog, starb er am 23. April 1969 in Warschau, ohne aus dem Koma aufgewacht zu sein. Der Publizist Roger Willemsen empfahl 2001 die Komeda-CD »Crazy Girl« und brach damit zugleich eine Lanze für das Gesamtschaffen dieses polnischen Musikers, das derzeit in verschieden großen CD-Boxen dokumentiert ist. Je nach Interessenlage kann der Komeda-Freund auf eine 10-er Box, eine 13-er oder eine 19-er CD-Box zurückgreifen. Willemsen: »Es gibt eine Entdeckung zu machen, einen Mann für die Öffentlichkeit zu retten, dessen Musik einem ganzen Land Inbegriff von Modernität und Freiheit war.« Und weiter: »In Polen hat Komeda, der fast 38-jährig an den Folgen eines Autounfalls starb, den Status eines James Dean. Er ist der erste Musiker des Landes nach Chopin, der zum Idol der Jugend wurde und Weltberühmtheit erlangte.« Und direkter auf die Komeda-Musik bezogen: »Nicht zuletzt spürt man überall die multimediale Gabe Komedas, der in musikalischen Motiven filmische Motive assoziiert, mit unvorhergesehenen Intervallen malen und rhythmisch ebenso gelöst agieren wie swingen kann. Komedas Werke, die hierzulande nur schwer erhältlich waren, gehören zum kostbarsten musikalischen Besitz des Jazz.« Mathias Bäumel

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