Seit Ende der fünfziger Jahre gaben zunächst das tschechische Schallplattenunternehmen Supraphon, dann auch das Label Panton, vermehrt Jazz-LPs heraus.
Die grafische Gestaltung dieser ersten Jazzplatten-Hüllen waren von Anfang an künstlerisch sehr ambitioniert. Das Grafik-Design bezog aktuelle Tendenzen der internationalen Kunstszene mit ein.
Die liebevollen Ausstattungen – anfangs häufig sogar als Klappcover – machen diese Entwürfe zusätzlich zu etwas Besonderem.
Die kleine Kabinett-Ausstellung im Jazzclub Neue Tonne will einen ersten Eindruck von der Vielfalt und dem ästhetischen Wert tschechischer Jazzschallplattenhüllen-Grafik geben.
Eingangsvitrine (1):
Das in der Eingangsvitrine ausgestellte Klappcover (Entwurf: ARTIA) für eine LP des »sh/jazz quintets« aus dem Jahre 1966 besticht durch seine für die damalige Zeit einmalige visuelle Konsequenz und seinem ästhetischen-signethaften Verweis auf expressionistische Malerei.
Kleine Vitrine (2):
Die Firma Supraphon legte frühzeitig sehr viel Wert darauf, dass ihre Künstler international bekannt werden können; so gab es deswegen sogar extra LP-Ausgaben für den deutschsprachigen Markt. Besonders exquisit gestaltet waren die Hüllen der frühen LPs vom Ende der fünfziger bis Mitte der sechziger Jahre; deren Design arbeitete mit abstrakten geometrischen Mustern, sie gefielen auch durch bewusst typografische Gestaltungen. Hartpapp-Klappcover (wie später bei einigen US-amerikanischen LPs) untermauerten die Aura des künstlerisch Wertvollen.
Vitrine (3):
Obwohl die ČSSR kein Land des Freejazz war, waren die Hüllen von LPs mit freierer Jazzmusik ästhetisch ambitioniert gestaltet. Der Hülle der Lizenz-LP »Chappaqua Suite« (Ornette Coleman) wurde sogar ein neues, im Vergleich zur Originalhülle von CBS weitaus unkonventionelleres Design »verpasst«. Die erste wirklich freie Begegnung zwischen Freejazz und Freerock in der ČSSR, die LP »Coniunctio« (1970), erhielt ein exquisites Hüllendesign (Stanislav Dvorský) unter Nutzung eines Bildes von Mikulaš Medek, einem der bedeutendsten, 1974 verstorbenen Vertreter der abstrakten Kunst in der ČSSR. Sehr modern und foto-grafisch gestaltete Stanislav Dvorský die Hülle für LP »Setkání“ („Treffen« – 1971), auf der verschiedene Freejazzer aus der Sowjetunion, der ČSSR und der DDR erstmals zusammenkamen. Im Bereich des Third Stream fanden die Grafiker Aleš Vyidák und Zbynĕk Kočvar eine an René Magritte oder Max Ernst erinnernde, in die Ästhetik der damaligen Werbegrafik transformierte Bildsprache.
Vitrine (4):
Besonders bildhaft und teils symbolträchtig waren die Hüllen der verschiedensten LPs von Jiří Stivín und Rudolf Dašek. Die Grafikdesigner nutzten dabei auch Arbeiten berühmter Künstler, so die der Buchillustratorin von Weltgeltung, Zdenka Krejčová. Die LP-Hülle zur ersten Supraphon-»Tandem«-LP allerdings war bei der ersten Auflage 1975 noch mit einem einfachen, typografisch überlagerten Foto versehen (hier in der Vitrine), bevor für die zweite Auflage 1976 eine symbolischere Lösung gefunden wurde.
Vitrine (5):
Schon frühzeitig fand der so genannte Jazzrock und die Fusion Music innerhalb der ČSSR – anders als in der DDR, wo damals stets der Freejazz dominierte – ein großes Publikum. Viele so orientierte Bands entstanden innerhalb des Landes. Die Entwürfe für deren Hüllen reichten von einfachen foto-grafischen Gestaltungen (Jazz Q – »Symbiosis«, 1973) über grafisch bearbeitete, illustrative Inszenierungen (»Jazzrocková dílna 1 + 2« – Jazzrock-Workshop; 1975 und 1976) bis zu surrealistisch angeregten, spielerisch wirkenden Pseudo-Symbolismen (»The Watch-Tower«, Jazz Q Praha, 1973).
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