Ja – was früher, ab 1969, der polnische Pianist Mieczyslaw Kosz in seinem Trio mit Bronislaw Suchanek (b) und Janusz Stefanski (dr) an Jazz geschaffen hatte (LP »Reminiscence«; Muza 1971), war Weltniveau. Kosz war der erste Pianist, der einen an romantischer Innerlichkeit und auch Chopin geschulten Jazz-Klavierstil (Kosz galt damals schon als der polnische Bill Evans) mit den Melodien und Harmoniefolgen seiner heimatlichen Volksmusik verband; berühmtere Kolleg(inn)en wie etwa Aziza Mustafa Zadeh waren da, auch geburtsjahrbedingt, lediglich Nach-Folger.
Heutzutage ist Kosz zumindest außerhalb Polens nahezu völlig vergessen, der blinde Pianist setzte seinem Leben am 31. Mai 1973 selbst ein Ende. Heute ist der Jazzclub in Zamość, Ostpolen, übrigens auch Geburtsstadt von Rosa Luxemburg, nach Mieczyslaw Kosz benannt. Kosz galt als die größe polnische Jazzhoffnung der Anfangssiebziger. Sein Suizid im erschreckend jungen Alter von knapp 29 Jahren war eine Tragödie und erschütterte die gesamte polnische Jazzöffentlichkeit. Kosz war der lyrischste und technisch perfekteste Pianist, den die polnische Szene je hatte – das zumindest behauptet die Neuausgabe von »Reminiscence« als CD.
Das RGG Trio aus Kattowitz / Katowice nun widmet sich mit ganzer Hingabe der Musik und der musikalischen Atmosphäre von Mieczyslaw Kosz. Wenn ihre aktuelle CD »Unfinished Story: Remembering Kosz« heißt, so verweist das darauf, dass das Kapitel Kosz noch nicht abgeschlossen ist – die noch jungen drei Musiker wollen es weiterschreiben. Und dies tun die Absolventen des Jazzinstitutes der Musikakademie in Katowice in beeindruckender Weise. Schon ihr erstes Album »Scandinavia« gewann 2003 den »Jazz Blizzard«-Preis des Festivals in Bielsko-Biala, weitere – auch internationale – Anerkennungen folgten. Beim 27. Internationalen Jazz Festival in Getxo (Biskaya/Spanien) gewannen sie sowohl den 2. Preis als auch den Preis des Publikums.
Anders Jormin, der berühmte schwedische Bassist (mit Charles Lloyd, Bobo Stenson, Tomasz Stanko, Don Cherry), ist von der RGG-Musik begeistert: »Beim Hören dieser wundervollen Musik wurde mir klar, mit welch großer Sorgfalt das RGG Trio an seine Musik herangeht und mit welch beseelter Einstellung, die von großem Respekt vor Kosz zeugt.« Ihr Sinn für Sound, Stille und Raum zeige, dass RGG ein europäisches Ensemble ist, das sich der vielfältigen musikalischen Gestaltungsmöglichkeiten intensiver, berührender Musik bewusst sei. Jormin weiter: »Auch RGG's Glaube, was Musik ausdrücken und erreichen kann, ist – so fühle ich es – für den Hörer deutlich spürbar.« Die Kosz-beeinflusste Musik von RGG hat Atmosphäre, Ruhe, Innerlichkeit ohne jeden Kitsch, sie zeugt von historischem Überblick, von musikantischer Souveränität und vom wachen Intellekt der drei jungen Musikanten.