Fermáta, die slowakische Supergruppe der siebziger Jahre, gibt wieder Konzerte. Einst bildete sie gemeinsam mit dem mystischen, in seiner künstlerischen Eindringlichkeit weltweit unerreichten Czeslaw Niemen aus Polen und den schmissigen, deftige Gitarrenriffs und die große Rock-Show liebenden ungarischen Omega die große Dreiheit der Rockmusik hinter dem einstigen »eisernen Vorhang«.
Die seit 1973 existierende Band aus Bratislava war von Anfang ein Sammelbecken slowakischer Top-Rockmusiker. Chef und Gitarrist František Griglák kam von Pavol Hammels Band »Prudy«, der allerersten slowakischen Pop-Rock-Band überhaupt (Hit »Abrakadabra«), zu der auch Fedor Frešo, später dann Fermáta-Bassist, gehörte.
Nachdem Griglák von 1971 bis 1972 mit seinem E-Gitarrenspiel den anfangs eher hausbacken-possierlichen Klassikrock-Sound von Collegium Musicum mit Spannung und Dynamik versehen hatte (er spielte Gitarre auf dem berühmten weiß-blauen Doppelalbum »Konvergencie«, auf dem auch Fedor Frešo mitgewirkt hatte), gründete er 1973 gemeinsam mit Tomaš Berka seine Gruppe Fermáta. Frešo, bis Ende der siebziger Jahre der Standardbassist von Collegium Musicum, stieß dann 1980 dazu.
Die Band hatte 1975 ein vielbeachtetes Debütalbum (»Fermáta«), das Einflüsse von King Crimson ebenso erkennen ließ wie eine Vorliebe für Sinfonisches. Insbesondere mit ihrem dritten Album, »Huascaran« (1977), erreichte Fermáta damals einen Kultstatus wie kaum jemals eine weitere Band der damaligen CSSR. »Huascaran« war eine außerordentlich beeindruckende Platte, voller Rockwucht und weit ausgreifender Melodien… Die Band damals hatte sich am Mahavishnu Orchestra orientiert (»Mahavishnu Orchestra des Ostens«!), schuf häufig Konzeptalben, brillierte mit einer ganz eigenen Stilistik, die man mit Begriffen wie Progressive Rock, Hard Rock und Jazz-Rock, aufgemischt und durchdrungen mit den melodisch-motivischen Essenzen slowakischer Folklore, umreißen könnte. Spätestens von dieser Platte an hatte Fermáta nicht nur ihre eigene Ursprungsband Collegium Musicum, sondern überhaupt sämtliche internationale Art- und Prog-Rockbands künstlerisch weit hinter sich gelassen!
Allerdings – typisches Schicksal – von der westeuropäischen Öffentlichkeit völlig unbeachtet …
Bis in den Anfang der achtziger Jahre hinein legte Fermáta eine Reihe außerordentlich beachtenswerter LPs vor, um dann zunächst in Richtung Poprock abzudriften. Nach Auflösungserscheinungen in den Endachtzigern und Neunzigern fand 2005 eine Art Neustart mit dem Album »Next« statt. Als CD-Autor ist »Fero Griglák & Fermáta« angegeben, was die besondere Rolle des Supergitarristen und Komponisten herausstreicht, obwohl für das Wiederaufleben der Band Ur-Mitglied, Bassist und Manager Fedor Frešo organisatorisch eine entscheidende Rolle spielte.
Und seit Herbst 2007 ist Fermáta auch auf den Bühnen der Slowakei und Tschechiens wieder zurück. In der Besetzung František Griglák (g, prog), Peter Preložnik (keys), Fedor Frešo (b, b-ped) und Igor Skovay (dr) gab die Band am 14. Oktober 2007 im Zrkadlom-Club in Bratislava, Slowakei, ein vielumjubeltes Konzert, das nun seit einigen Monaten auf CD und DVD (übrigens als erstes Live-Album in der mittlerweile über 35-jährigen Bandgeschichte) vorliegt (»Fermáta Live v Klube za zrkadlom«).
Mit diesem rockjazzigen, brillanten Material kommt die Band auch nach Dresden. Hervor sticht der Titel »For Huascaran«, eine Essenz des 39-minütigen Konzeptalbums aus dem Jahr 1977. Im Anschluss folgen alte und neuere Stücke.
Fermáta klingt heute nicht mehr wie 1975. Der Anteil sinfonischer Strukturen ist gegenüber Jazzrock oder Jazz-Fusion, der mal heftiger, mal leichter und luftiger sein kann, in den Hintergrund getreten. Die Band klingt für heutige Ohren im Sound mehr wie eine harte Rockband mit 80-er-Synthi-Touch, hinsichtlich der musikalischen Strukturen aber ziemlich jazznah. František Griglák ist als Gitarrist ungemein souverän, seine stilistischen Fertigkeiten und handwerklichen Mittel sind grandios, er kann Jazz, Rock und Jazzrock locker, sanft und hart spielen, hat ein Faible für ausgedehnte, flüssig gespielte, harmonisch abwechslungsreiche Soli.
Das neuere Material ist etwas melancholischer, lyrischer, der Jazzrock hat manchmal einen Latino-Einschlag, die heutige Fermáta-Band spielt die Songs nicht, wie sie auf den originalen Alben enthalten sind. Auf der Bühne fließen lange, expressive Soli und Improvisationen ein. Von den späteren Stücken überzeugt gerade im Live-Konzert die grandiose Griglák-Komposition »Viňa del Mar«, dessen Live-Zelebrierung zum Erlebnis wird.
Hörbeispiele aus dem aktuellen Album von der offiziellen Fermáta-Website:
[url ziel=http://www.fermata.sk/mp3/Vina%20del%20Mar%20Live.mp3]»Vina del Mar«[/url] (MP3, 1.6 MB)
[url ziel=http://www.fermata.sk/mp3/Apple%20trees%20live.mp3]»Apple Tree in Winter«[/url] (MP3, 1.7 MB)
Ein ausführliches Porträt von Fermáta lesen Sie auf [url ziel=http://jazz-und-sonstiges.blogspot.com/2009/01/mit-fermta-ist-die-unbekannteste-aber.html]Jazz+Sonstiges[/url].
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