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ANDREAS »SCOTTY« BÖTTCHER und GÜNTER HEINZ

Pro und contra – ein kreatives Prinzip
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Samstag
02. Mai 2009
21:00 Uhr
Zwei CDs haben diese beiden Musiker miteinander eingespielt – vor Jahren schon »Ghost Busters« (Organic Music), nun, ein Mitschnitt eines Improvisationskonzertes aus dem Jahre 2001 in der Mönchskirche Salzwedel, »Alien Voices« (Phonector). Und wenn beide Musikanten mit verschiedensten Spielpartnern immer wieder mal in der »Tonne« auftreten – in dieser Kombination gab es das bisher erst ein einziges Mal, vor knapp zwölf Jahren. Am 16. Dezember 1997 gab dieses Duo ein Konzert in der früheren »Tonne« am Waldschlösschen – die DNN druckte damals folgenden Ankündigungsartikel (Ausschnitt): Dies schrieb damals die DNN: Einfach verblüffend: Diese Art improvisierter Dialoge war bisher eigentlich noch nirgends zu hören. Schmatzende, gurgelnde, wuchtige, manchmal perkussive Hammondorgel, dazu flächige, sound-orientierte, aus harmonischen Räumen immer wieder ausbrechende Posaune. Dass mit Scotty Böttcher und Günter Heinz zwei Jazzmusiker nun gemeinsam improvisieren, deren Zusammenspiel bisher – geht man nach landläufigem Schubladendenken – nicht vorstellbar war, läßt aufhorchen. Andreas Scotty Böttcher, vor allem als Keyboarder, Vibraphonist und Pianist mit stilistischen Neigungen zu Mainstream, Bop, Fusion und Romantik bekannt (aber darüber hinaus eigentlich längst Multiinstrumentalist mit zusätzlich Baß, Gitarre und Orgel) und Günter Heinz, Posaunist auf dem abenteuerlichen Feld der freien Improvisationsmusik und ebenfalls stets offen für Gemeinschaftsexperimente mit neuen Musikern, hatten sich vor Monaten im Studio der Musikhochschule Dresden getroffen und erstmals überhaupt – bei laufenden Bandmaschinen – gemeinsam improvisiert. Das besonders Reizvolle eben: Scotty diesmal nicht auf dem Klavier oder Keyboard, sondern auf der Hammond-Orgel und Günter auf seiner Posaune. »Seit meiner Studienzeit war ich Emerson-Fan«, erinnert sich Scotty, »und damit rückte auch die Hammond-Orgel in mein Blickfeld. Dieser Sound, diese Wucht der Rock-Hammond war einfach faszinierend. Die Jazz-Organisten habe ich dann erst später entdeckt, hatte anfangs auch Vorbehalte, denn fast alles klang in meinen Ohren wie Barmusik.« Es dauerte eben eine Weile, bis Scotty – der schon seit geraumer Zeit kaum noch Pianisten per CD zuhört – Aufnahmen von Larry Young, Rhoda Scott oder Melvin Rhyne kennen- und schätzen lernte. Nun hört man aber aus Scottys Improvisationen die Spielfreude heraus, die beim »Orgeln« aufflackert. Die Offenheit für die Möglichkeiten gerade einer solchen Hammond ist dabei möglicherweise Ausdruck einer mittlwerweile gewonnenen Souveränität beim Musizieren. »Früher war ich unheimlich von Chick Corea begeistert«, meint Scotty, »von dessen gnadenloser Perfektion. Heute interessiert mich eine solche Sichtweise weniger. Heute empfinde ich es als faszinierend, mit meinen ganz persönlichen Mitteln Neues zu entdecken, Eigenes zu spielen.« Dass es gerade zum Böttcher-Heinz-Duo kam, liegt also an der musikalischen Neugier beider. »Ich hatte schon mal auf dem Synthi mit Günter musiziert. Der sagte dann, er wolle mich mal auf ‘ner Hammond hören.« Zufällig stand bald darauf ein solches »Monster« kurzzeitig im Studio zur Verfügung und so konnte die Post abgehen. »Mein erklärtes Ziel ist es, Grenzziehungen musikstilistischer Art aufzuweichen«, betont Scotty, der sich deswegen auch wundert, warum ihn die Öffentlichkeit (Journalisten einbegriffen) immer noch vornehmlich in die Jazzrock-Ecke steckt. »Ich bin bestrebt, das zu spielen, was ich selber gerne hören würde – und das reicht stilistisch viel, viel weiter.« Das Ungewöhnliche an den als Demo-Aufnahmen vorliegenden Duos der beiden ist nicht lediglich die sehr seltene Instrumentierung (Hammondorgel – Posaune), sondern vor allem die reizvollen, entdeckerischen Kontraste, die bei der ad-hoc-Begegnung so verschieden praktizierender Musikanten entstehen. Daß die beiden zudem auf Instrumenten spielen, die vom Sound her sehr ergiebig, variabel und fulminant sein können, vertieft das Hörlebnis. Beide hören genau aufeinander, Scotty bringt häufig rhythmische Strukturen und ein Maß für Zeit ein, kontrastiert Günters überirdische Klangflächen mit perkussiv-melodischen Schraffuren, während Günter gelegentlich bestrebt ist, Ausdrucksräume zu erweitern, die Bedeutsamkeit boppiger Tongirlanden zu relativieren und mit abstrakteren Kontexten zu versehen. Günter Heinz dazu schmunzelnd: »Manchmal, wenn ich das Gefühl habe, es wird zu populistisch, versuche ich, etwas Queres dagegenzuspielen.« Das war vor zwölf Jahren! Vieles hat sich seither entwickelt – in welche Richtungen, kann man nun zum Konzert verfolgen.

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