Das Bett: dort entsteht, beginnt und endet in den allermeisten Fällen das Leben. Eine wichtige Konstante des menschlichen Daseins. Aber auch eine der größten Tabuzonen. Es ist ein Ort des Müßiggangs, der Sinnlichkeit, der Melancholie, der Versöhnung, der Geborgenheit, aber auch eine Stätte der Einsamkeit, des Schmerzes und der nächtlichen Angst. Auch Esther Kaiser hatte zunächst Probleme, zu thematisieren, was sie schon lange bewegte. »Es braucht schon Mut, weil so ein Titel jede Menge auslöst. Das Thema macht dich angreifbar und verletzlich.« Dass sie im Laufe der elf Titel ihres neuen Albums »Cody In Bed« dennoch ganz tief in ihre Seele blicken lässt, liegt an der inspirierenden Wirkung ihres Kopfkissens und der Daunendecke: »Die besten Einfälle habe ich sehr oft im Bett!«
Die Sängerin mit der enorm wandelbaren und im besten Wortsinn femininen Stimme öffnet mit »Cosy In Bed« mehr als nur ihr Herz. Sie schenkt uns ungeschönte und gerade deshalb faszinierend schöne Perspektiven. Auf eine Künstlerin, die sich überaus erfolgreich um ein eigenes Profil bemüht. Auf eine Vokalistin, die charmant, selbstbewusst und erfrischend pathosfrei einen großen Bogen um Jazz, Pop, Country und Lyrik spannt. Auf eine Frau in den besten Jahren, die das Leben auch ohne exaltierte Gefühlsausbrüche genießen kann. Es ist ein klingendes Tagebuch, geschrieben mit bittersüßer Tinte, gebunden in ein Amalgam aus wertvollen Erfahrungen, geleitet durch die Macht der Erkenntnis.
Eine Sammlung tiefgründiger Ohrwürmer, interpretiert mit ihrer Band und mit neuem Selbstbewusstsein in Kaisers poetischem Interpretationsstil, der sich mehr an grenzüberschreitenden Kolleginnen wie Joni Mitchell und Norah Jones als an klassischen Jazz-Heroinnen wie Ella Fitzgerald oder Billie Holiday orientiert. Ein Schritt weg von der reinen Improvisationslehre des Jazz hin zu schlichten Songs. »Auf den Punkt kommen«, nennt Esther Kaiser dies. Das Gefühl, einfach nur so dazuliegen. Am liebsten im Bett.
(Reinhard Köchl)
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