Wer eines ihrer Alben kennt oder sie in einem Internet-Video entdeckt hat, mag nach stilistischen Schubladen gesucht haben: Ist das noch Jazz? Ist das instrumentaler Avantgarde-Rock oder vielleicht doch eher eine eigenwillige Variante amerikanischer »Roots Music«? Fragen, die sich die DIGITAL PRIMITIVES wahrscheinlich nie gestellt haben, die aber dennoch helfen können, der unkonventionellen Klangkunst des Trios näher zu kommen, denn sie weisen auf alle Fälle in die richtigen Richtungen.
Kopf und treibende Kraft der Band ist der Musiker, Musikpädagoge und Multimedia-Künstler Cooper-Moore, geboren 1946 in Virginia als Gene Y. Ashton. Als exzellenter, dem freien Jazz nahe stehender Pianist spielte und spielt er mit David S. Ware, William Parker, Susie Ibarra und vielen anderen mehr.
Getrieben wird er noch von einer weiteren Leidenschaft: dem Bauen und vor allem Spielen von selbst entworfenen Instrumenten. Und genau dieses Faible kann er mit den Digital Primitives grenzenlos ausleben. Neben sich hat er dafür die idealen Partner: den in Tel Aviv aufgewachsenen, wie Cooper-Moore in New York lebenden Saxophonisten Assif Tsahar sowie Chad Taylor an den Drums, den man auch vom Chicago Underground Trio bzw. Quartet kennt.
Es ist somit kein Widerspruch, dass es im Trio des Pianisten Cooper-Moore kein Klavier gibt. Zum Einsatz bringt er stattdessen ein bundloses Banjo, eine Mund-Violine oder andere seiner handgemachten Instrumente. In Verbindung mit Tsahars zwischen Tradition und Experiment wanderndem Saxofon und Taylors dynamischer Schlagwerkkunst entsteht eine Musik voller Dramatik, Überraschungen, Spiel- und Lebensfreude. Sie wurzelt tief in den afroamerikanischen Traditionen von Jazz, Funk und Blues, setzt diese aber auf fulminante und hypnotische Art neu zusammen.
Auf ihrer Oktobertour werden die Digital Primitives hierzulande nur im Jazzinstitut Darmstadt und eben in der Tonne zu erleben sein.